Darf ein orthodoxer Muslim in einem Land leben, wo das islamische Gesetz nicht angewendet wird?


Im Sommer 2003 besuchte ich im Rahmen meiner Untersuchungen ein islamisches Zentrum, in dessen Buchhandlung mir mehrere Bücher vorgeschlagen wurden. Ich habe sowohl den von Hamidullah übersetzten Koran, als auch andere Bücher und eine Kassette gekauft. Ein Buch war „der Garten der Tugendhaften“ (Riyad as Salihin) vom Imam Mohieddine Annawawi (631-676) (Übersetzung ins Französisch vom Doktor Salaheddine Keshrid). In Frankreich ist dieses Buch sehr verbreitet. Einige Kommentare vom Übersetzer befassen sich mit diesem Thema. Normalerweise verlangt der orthodoxe Islam, dass man dem koranischen Gesetzt gehorcht. Aber was passiert, wenn ein orthodoxer Muslim in einem Land lebt, wo dieses Gesetz nicht angewendet wird? Jetzt die Antwort von Salaheddine Keshrid.


      


Auf der 2. Seite hat der Übersetzer geschrieben (für die deutsche Übersetzung siehe unten):

S'il n'est plus permis de fuir la Mecque parce que les croyants en sont devenus maîtres et n'ont plus à y craindre les persécutions des Mécréants, il reste cependant du devoir de tout Musulman de fuir tout pays dont la législation de Dieu est bafouée à condition qu'on se trouve incapable de l'y faire respecter. On ne peut en effet pratiquer l'Islam de façon correcte et entière que dans un pays à législation islamique et il est interdit à un Musulman de faire acte d'allégence à un gouvernement non-Musulman.
Si, par exemple, le code du statut personnel est en opposition avec la loi islamique, si l'on y admet le prêt à intérêt, si l'on y permet la vente des boissons alccolisées et la pratique du jeu sous toutes ses formes, on doit lutter par tous les moyens pour faire respecter la Shari`a ou, en cas d'incapacité réelle, quitter ce pays pour un pays Musulman.
Dans le verset 97 du chapitre IV il est dit en effet:
"ceux dont les Anges reprennent l'âme alors qu'ils sont en état d'injustice avec eux-mêmes, ils leur diront (sic): "Dans quel milieu étiez-vous?".
Ils diront: "Nous étions sur terre victimes de notre faiblesse".
Ils dient: "Est-ce que la terre de Dieu n'était pas assez vaste pour que vous vous y exiliez?".
Ceux-là, leur refuge sera l'enfer et quelle mauvaise destinée!


Ich übersetze es ins Deutsch:

Es ist zwar nicht mehr erlaubt, aus Mekka auszuwandern, weil die Gläubigen heute diese Stadt regieren, und weil sie nichts mehr von der Verfolgung der Ungläubigen zu befürchten haben, aber es ist noch eine Pflicht für alle Muslime, ihr Land zu verlassen, wenn Gottes Gesetzt nicht eingehalten wird, und wenn es unmöglich ist, dieses Gesetzt in ihrem Land anwenden zu lassen. Nur in einem islamischen Land kann man den Islam ganz praktizieren und es ist verboten für einen Muslim, eine nicht-moslemische Regierung anzuerkennen.
Wenn zum Beispiel der Code des persönlichen Statuts das islamische Gesetzt widerspricht, oder wenn es in diesem Land erlaubt ist, Zinsen zu bekommen, oder wenn es in diesem Land erlaubt ist, Alkohol zu verkaufen oder alle Arten von Lottos zu spielen, muss man durch alle möglichen Mitteln kämpfen, damit das islamische Gesetzt (Scharia) angewendet wird, oder wenn es unmöglich ist, muss man unbedingt dieses Land verlassen.
Im 97. Vers der IV. Sura steht nämlich:
Diejenigen, die unrecht getan haben und in Schmach starben, werden von den Engeln gefragt: "Wie habt ihr gelebt?" Sie werden antworten: "Wir haben unter der Herrschaft der Ungläubigen auf Erden unterjocht gelebt. " Darauf werden die Engel sagen: "War denn Gottes Erde nicht weitläufig genug, so dass ihr hättet auswandern können?" Die Hölle wird ihre Heimstätte werden. Welch schlimmes Ende!

Für den Koran habe ich Azhars Übersetzung benutzt (http://www.nur-koran.de/korantext/abfrage.htm).

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Ibn Kathirs Tafsir zum Vers 4:97 (über das Verbot, in einem nicht muslimischen Land zu leben)

Auf der 184. Seite hat der Übersetzer geschrieben (für die deutsche Übersetzung siehe unten):

L'Islam veille à l'unité de la nation islamique et combat toute discorde et toute rébellion. Aussi, quand les responsables sont iniques et de conduite reprochable, on doit les supporter avec patiente tant qu'ils assument l'accomplissement correct de la prière. Nous savons en effet que la prière est la limite entre la foi et la mécréance et que c'est sur ce critère de base qu'on définit les limites de la tolérance de la nation vis-à-vis de ses chefs.

Ich übersetzte es ins Deutsch:

Der Islam achtet auf die Einheit der islamischen Nation und er bekämpft alle Arten von Streit und Aufstand. Wenn die Regierer ungerecht sind, muss man Geduld haben (und ihre Macht trotzdem anerkennen), insofern sie das Gebet machen. Denn wir wissen, dass das Gebet die Grenze zwischen dem Glauben und dem Unglauben ist, dieses Kriterium benutzt man, um zu wissen, ob das Volk seine Regierung anerkennen muss oder nicht darf.

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Auf der 185. Seite hat der Übersetzer über den Vers 4:59 geschrieben (für die deutsche Übersetzung siehe unten):

"Dans ce verset se trouve précisé le critère du pouvoir. On doit obéir à Dieu et obéir au Messager. Ce mot "obéir" n'est pas répété avec "ceux qui détiennent le pouvoir", et cela veut dire qu'ils ne font qu'exercer le pouvoir de Dieu et du Messager, c'est_à-dire appliquer le Coran et la tradition du prophète ou sunna.
On précise d'autre part "ceux d'entre vous qui détiennent le pouvoir". Cela veut dire qu'on ne leur doit obéissance que s'ils ne sortent pas eux-mêmes de la communauté islamique ou "Umma". S'ils désobéissent d'une façon flagrante et répétée au Coran et à la Sounna, ils sortent automatiquement de la Umma.""


Ich übersetze es ins Deutsch:

"In diesem Vers findet man das Kriterium der Macht. Mann muss Gott und dem Propheten gehorchen. Dieses Wort "gehorchen" wird nicht mit "die jenigen unter euch, die an der Macht sind" wiederholt; das bedeutet, dass die legale Regierung nur Gott und den Propheten regieren lässt, also dass sie einfach das Gesetz des Korans und der Sunna anwendet.
Dann kommt "die jenigen unter euch, die an der Macht sind". Das bedeutet, dass man ihnen nur gehorchen muss, so lange sie nicht selbst aus der islamischen Gemeinschaft, oder "Umma", austreten. Wenn sie wiederholt eindeutig dem Koran und der Sunna ungehorsam sind, treten sie automatisch aus der Umma aus."

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Ein Hadith über dieses Thema:

The Prophet (peace and blessings of Allaah be upon him) said: “I disown every Muslim who settles among the mushrikeen.” Narrated by Abu Dawood, 2645; classed as saheeh by al-Albaani in Saheeh Abi Dawood.

Die Website Islam Q&a hat mehrere Artikel zu diesem Thema. Hier finden Sie einen Artikel über die Pflicht, ein muslimisches Land zu verlassen, der aber auch betont, dass es im heutigen Kontext komplizierter ist.