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Schwierigkeiten in der „Prophezeiung“ von Hesekiel zu der Eroberung und totaler Zerstörung von Ägypten, Unehrlichkeit von J. McDowell und anderen Bibelapologeten zu diesem Thema Da Nebukadnezar laut Hesekiels Geständnis Tyrus trotz langer Belagerung nicht hatte plündern können, versprach ihm Gott, ihm Ägypten zu liefern. In Tyrus hatte Nebukadnezar als göttliche Aufgabe, die Stadt komplett zu zerstören und ihre Bewohner auszurotten, weil Händler dieser Stadt sich über Jerusalems Zerstörung gefreut hatten: diese hatten nämlich gedacht, wegen der fehlenden Konkurrenz in Zukunft bessere Geschäfte zu machen. Ein Volk aus diesem Grund zu massakrieren kann der neue und unkonditionnierte Leser nur schockieren. Das ist aber keine Besonderheit, wenn man den Gott des Alten Testaments, seine Gewohnheiten und seine Moral kennt. Bei einem großen Teil der nicht messianischen „Prophezeiungen“ handelt es sich um Massaker und Zerstörungen. Auch in Ägypten hatte Nebukadnezar den Auftrag von Jaweh, eine Weltregion zu plündern, zu verwüsten, zu vernichten und all ihre Bevölkerung zu deportieren, so dass danach 40 Jahre lang kein einziges Lebewesen zu finden wäre. Hesekiels „Prophezeiung“ zur Eroberung Ägyptens von Nebukadnezar befindet sich in den Kapiteln 29 bis 32 aus dem Buch von Hesekiel. Ich lade Sie ein, diese Kapiteln zu lesen: https://www.bibleserver.com/. Aus Platzgründen schreibe ich hier nur die Versen, die uns interessieren werden. Hesekiel 29:17-20 17 Und es begab sich im siebenundzwanzigsten Jahr am ersten Tag des ersten Monats, da geschah des HERRN Wort zu mir: 18 Du Menschenkind! Nebukadnezar, der König von Babel, hat sein Heer in hartem Dienst vor Tyrus arbeiten lassen, so daß alle Häupter kahl wurden und alle Schultern wund gerieben waren; und doch ist weder ihm noch seinem Heer all die Arbeit vor Tyrus belohnt worden. 19 Darum spricht Gott der HERR: Siehe, ich will Nebukadnezar, dem König von Babel, Ägyptenland geben, daß er all ihr Gut wegnehmen und sie berauben und plündern soll, damit er seinem Heer den Sold gebe. 20 Zum Lohn für die Arbeit, die er vor Tyrus getan hat, will ich ihm das Land Ägypten geben; denn sie haben für mich gearbeitet, spricht Gott der HERR. Hesekiel 30:10-12 10 So spricht Gott der HERR: Ich will dem Reichtum Ägyptens ein Ende machen durch Nebukadnezar, den König von Babel. 11 Er und sein Volk, die Gewalttätigsten unter den Völkern, werden herangebracht werden, um das Land zu verderben, und werden ihre Schwerter ziehen gegen Ägypten, daß das Land überall voll Erschlagener liegt. 12 Und ich will die Ströme austrocknen und das Land an böse Leute verkaufen und will das Land und was darin ist durch Fremde verwüsten lassen. Ich, der HERR, habe es geredet. Hesekiel 30:26 und ich die Ägypter unter die Völker zerstreue und in die Länder verjage, damit sie erfahren, daß ich der HERR bin. Hesekiel 29:10-11 10darum siehe, ich will an dich und an deine Wasserströme und will Ägyptenland zur Wüste und Öde machen von Migdol bis nach Syene und bis an die Grenze von Kusch, 11 daß vierzig Jahre lang weder Mensch noch Tier das Land durchziehen oder darin wohnen soll. Wir wissen heute, dass Nebukadnezar versucht hat, Ägypten zu erobern, aber wir wissen nicht, ob er es geschafft hat. Es gibt immerhin keine Spur einer solchen Verwüstung. Kein Text aus der Vergangenheit berichtet über dieses prophezeite Ereignis, das aber so mächtig ist, dass es das Gleichgewicht der antiken Welt erschüttert hätte. In den historischen Annalen erfährt man über unsignifikante Details aber nichts von der Mega-Zerstörung einer der größten Mächte dieser Epoche. Nach den historischen Quellen geht das Leben in Ägypten einfach weiter. Das Land erfährt sogar eine Wohlstandsperiode unter Amasis. Im Jahre -526 trat Psammetich III. die Nachfolge von Amasis an, bevor der persische König Kambyses II. (der das babylonische Reich davor erobert hatte) Ägypten eroberte. War Ägypten zu diesem Zeitpunkt eine babylonische Provinz oder ein unabhängiges Land? Jedenfalls war es kein komplett leeres und verwüstetes Land. Die Eroberung von Kambyses II. kann nicht als Erfüllung der Prophezeiung betrachtet werden, denn es war der babylonische König Nebukadnezar, der die Reichtümer von Ägypten hätte plündern sollen (als Danksagung für seinen Krieg gegen Tyrus, von dem er nicht profitiert hatte) und kein persischer Feind, der Babylon gerade besiegt hatte. Und selbst bei der persischen Eroberung Ägyptens erreicht die Zerstörung nicht den „prophezeiten“ Horror. Das ägyptische Volk wurde nie deportiert, und es hat weder 40 Jahre noch einen beliebig langen Zeitraum ohne Anwesenheit von Lebewesen gegeben (wie ist das auch möglich?). Josh McDOwell erwähnt diese „Prophezeiung“ zu Ägypten in seinem Buch „Evidence that demands a Verdict“ auf einer sehr komischen Weise. Ich beziehe mich auf eine deutsche Übersetzung von einem Teil seines Buches namens „Die Bibel im Test“. McDOwell schreibt nur die Versen 13 bis 16 von Hesekiel 30: So spricht Gott der HERR: 13 Ich will von Memfis die Götzen ausrotten und die Abgötter vertilgen, und Ägypten soll keinen Fürsten mehr haben, und ich will Schrecken über Ägyptenland bringen. 14 Ich will Patros zur Wüste machen und an Zoan Feuer legen und das Gericht über No ergehen lassen 15 und will meinen Grimm ausschütten über Sin, die Festung Ägyptens, und will den Reichtum von No vernichten. 16 Ich will Feuer an Ägypten legen, und Sin soll es angst und bange werden, und No soll erobert und Memfis täglich geängstigt werden. Josh McDowell vergisst, die Versen davor und danach zu erwähnen, insbesondere die, die den Namen Nedukadnezar enthalten. Danach macht der Apologet die Liste der „Prophezeiungen“, die die vier Versen (aus dem Kontext gerissen) angeblich enthalten würden. a) Ausrottung der Götzen von Memfis (Hesekiel 30:13) b) Theben wird gerichtet und erobert (oder "zerrissen") (Hesekiel 30:14-16) c) Thebens Reichtum (oder "Menge") soll ausgerottet werden (Hesekiel 30:15) d) Es wird keinen einheimischen Fürten von Ägypten mehr geben (Hesekiel 30:13). Dann erklärt er uns, dass der Untergang der Stadt Memfis bei der Gründung von Kairo im VII. Jahrhundert nach Christus (!!!!!) anfing: Steine und Materialien von Memfis wurden verwendet, um Kairo aufzubauen. Im Laufe der Jahrhunderte verschwanden die Strukturen von Memfis allmählich, und heute sei so gut wie nichts übrig, insbesondere keine Statuen von Götzen. Wenn man jedoch die Versen vorher und nachher liest, stellt man fest, dass es sich bei der erwähnten Zerstörung offensichtlich um die Eroberung Ägyptens von Nebukadnezar handelt, die alles verwüsten und nichts hinterlassen sollte. Angesichts der Natur der Erzählung ist es umstritten (um nicht mehr zu sagen), das Schicksal von Memfis (Vers 13) mit einem anderen Ereignis als der Zerstörung von Ägypten durch den in Hesekiel 30 erwähnten Krieg zu verbinden. Danach schreibt Josh McDowell, dass das Schicksal von Theben ganz anders war. Diese Stadt wurde bei der Eroberung von Kambyses II. teilweise zerstört, dann aber wieder aufgebaut. Aber laut diesem Apologet habe sich die Prophezeiung erst im Jahre -85 in erfüllt, als Theben von Ptolemaios Lathyros zerstört wurde. Darauf folgend behauptet er, die Erfüllung bis ins kleinste Detail sei beeindruckend, denn alle Statuen von Götzen liegen in Memfis am Boden, während Theben vernichtet worden ist, ihr Königreich in fremden Händen ist und die Götzen dort immer noch stehen. Josh McDowell verkauft das als „einen zusätzlichen Beweis, dass die Bibel Gottes Wort ist“. Erstens sind meine Bemerkungen für Memfis auch für Theben gültig. Zweitens: wenn man der Meinung ist, dass die „Strafe Gottes“ nicht unbedingt die „Schuldigen“ treffen muss, sondern auch Bewohner der selben Stadt mehrere Jahrhunderte später, wenn man annimmt, dass eine solche „Prophezeiung“ erst nach mehreren Jahrhunderten „sich erfüllen“ kann, braucht man nur lange genug zu warten, damit die „angekündigte“ Zerstörung tatsächlich stattfindet (in der Regel hat die „Prophezeiung“ innerhalb eines Jahrtausends viele Chancen, sich sogar mehrmals „zu erfüllen“). Wenn man Pech gehabt hat und die „vorhergesagte“ Katastrophe auch nach mehreren Jahrhunderten nicht stattgefunden hat, kann man immer noch den „noch nicht erfüllte Prophezeiung“ Jocker verwenden. Manche Christen tun das beispielsweise für manche Teile dieser „Prophezeiung“, insbesondere mit der „Vorhersage“, dass 40 Jahre lang kein einziges Lebewesen in Ägypten leben würde: es handele sich angeblich um eine noch nicht erfüllte „Prophezeiung“ eines nuklearen Angriffs gegen Ägypten. Nichts kann dem erbitterten Zorn von Jahweh ein Ende bringen! Und der trifft dann nicht die „Schuldigen“, sondern ein Volk mehrere Jahrtausende später, das nichts mehr mit der Geschichte zu tun hat! Josh McDowell hat die problematischen Tatsachen der „Prophezeiung“ zu Ägyptens Zerstörung verschwiegen. Er hat diese „Prophezeiung“ nicht in ihrer Allgemeinheit behandelt, sondern er hat nur ein kleines Stück erwähnt, das nur aus dem Kontext gerissen mit seiner Interpretation kompatibel ist, um dem Leser den Eindruck zu geben, die „Prophezeiung“ habe sich erfüllt. Man kann einwenden, dass der Autor (Hesekiel) ab und zu Zeitangaben macht, wann er diesen oder diesen Teil geschrieben habe (und der Bericht sei nicht chronologisch geschrieben worden). Man müsste dann bei jeder Zeitangabe „schneiden“, es würde sich jedes Mal um eine andere „Prophezeiung“ zu einem komplett anderen Ereignis handeln. Es leuchtet nicht besonders ein, wenn das Thema vor und nach einer Zeitangabe das selbe bleibt. Es leuchtet noch weniger ein, wenn es statt einer Zeitangabe sogar nur einen Ausdruck wie „So spricht Gott der Herr“ zwischen zwei Absätzen und das Thema auch da das gleiche bleibt. Die von Josh McDowell zitierte Stelle befindet sich in einem Absatz ohne Hinweis auf Nebukadnezar, und zwischen zwei Absätzen, die ihn als Ursache für die angekündigte Zerstörung erwähnen. Der Text scheint kontinuierlich zu sein und sich überall auf das selbe Ereignis zu beziehen. Es ist sehr gewagt, Hesekiel 30:13 bis 30:19 zu isolieren und es als die „Prophezeiung“ eines von den Versen gleich davor und gleich danach komplett unabhängigen Ereignisses zu betrachten. Aber nehmen wir an, dass es sich bei jedem Absatz tatsächlich um eine unabhängige „Prophezeiung“ handelt, nehmen wir jetzt an, dass man sich solche Freiheiten mit dem Text nehmen darf. Lassen auch auch die Tatsache, dass Hesekiel 30:13 bis 30:19 auch aus dem Kontext gerissen von Zerstörung und Verwüstung aufgrund eines Krieges, von Deportation und nicht von allmählichem jahrhundertelangem Niedergang spricht. Wenn man herausfinden will, ob eine so genannte Prophezeiung tatsächlich ein Beweis für die übernatürliche Herkunft eines Buches ist, soll man bestimmte Prinzipien einhalten (siehe hier). Hier nenne ich, was uns in diesem speziellen Fall interessiert: wenn eine „Prophezeiung“ die Zerstörung einer Stadt oder eines Landes ankündigt und keine Zeitangaben für derer „Erfüllung“ macht, reicht es aus, lange genug zu warten, um ein Ereignis zu finden, das als „Erfüllung der Prophezeiung“ betrachtet werden kann. Nach mehreren Jahrtausenden gibt es sogar gute Chancen, dass die „Prophezeiung“ sich merhrmals „erfüllt“ hat. Wenn man Pech gehabt hat, kann man einfach den „noch nicht erfüllte Prophezeiung“ Joker verwenden. Josh McDowell (oder z.B. Werner Gitt bei seinen Vorträgen) macht Wahrscheinlichkeitsrechnungen für die Erfüllung der einzelnen Prophezeiungen. Typischerweise geht er davon aus, dass jede Subprophezeiung innerhalb einer gesamten Prophezeiung eine Wahrscheinlichkeit von ½ hat, sich zufällig zu erfüllen. Damit die gesamte „Prophezeiung“ sich zufällig „erfüllt“, rechnet er also ½ hoch der Anzahl all ihrer Subprophezeiungen, und er findet typischerweise äußerst geringe Wahrscheinlichkeiten (1/(7.5*107) für die Prophezeiung zu Tyrus). Siehe was ich hier zu Werner Gitt geschrieben habe. Allerdings muss man sagen, dass man mit der verwendeten Methode sicher war, am Ende eine erfüllte Prophezeiung zu finden. Wenn man die „Prophezeiungen“ nach dem eigenen Willen schneidet (manchmal bei einem Komma), um sie mit irgendwelchen Ereignissen über eine Zeitspanne von 2000-3000 Jahren zu verbinden, die offensichtlich nichts mehr damit zu tun haben, was der Autor meinte, wenn man darüber hinaus die Zweideutigkeiten des Textes, der Übersetzung, von Definitionen, ausnutzt, und wenn man im schlimmsten Fall sowieso immer über den Joker „noch nicht erfüllte Prophezeiung“ verfügt, ist der Freiheitsgrad so hoch, dass man in jedem Fall entweder eine mit einer Wahrscheinlichkeit von ½ in der Rechnung berücksichtigte „erfüllte Prophezeiung“, oder eine in der Wahrscheinlichkeitsrechnung einfach nicht berücksichtige „noch nicht erfüllte Prophezeiung“, hat. Das funktioniert für irgendwelche „Prophezeiung“ von Zerstörung, Verwüstung, Massaker, Eroberung, politischem Wechsel, Tod, oder jedem Ereignis dieser Art. Aber wenn man ehrlich ist, muss man angesichts der verwendeten Methode zugeben, dass die Wahrscheinlichkeit einer zufälligen Erfüllung jeder Subprophezeiung (also der gesamten Prophezeiung) bei 1 liegt. Und das selbst wenn die intuitive Textbedeutung darauf hindeutet, dass es sich offenbar um eine gescheiterte Prophezeiung handelt, wie das hier der Fall ist. Warum machen Josh McDowell und Werner Gitt diese lächerlichen Wahrscheinlichkeitsrechnungen? Was sollen wir davon halten? |